Wasser und WWW
Die sechsten Klassen des BSG durften anlässlich des Römertags auf der Naab bei Regensburg wieder mit der navis lusoria fahren.
Für ein paar Minuten war es von ganz besonderer Intensität: Alle Ruder senkten sich zeitgleich ins Wasser und kamen zeitgleich wieder heraus, keiner von den Schülern sagte etwas, jeder war eins mit dem Boot und der Bewegung, alles war Rhythmus, und auf dem Fluss spiegelte sich das Grün des Ufers und das Weißblau des Juliwolkenhimmels. Viel Befreiung lag in diesen Momenten. Nach langen Monaten des Eingesperrtseins im Fernunterricht durften die sechsten Klassen des Benedikt-Stattler-Gymnasiums endlich mal wieder eine Exkursion erleben – raus aus der Distanz, hin zur Erfahrung selbst, der navis lusoria – und rudern wie die Römer!
Letztes Jahr war die Exkursion wegen Corona leider ausgefallen, und in diesem Jahr gehörten die BSGler zu den Ersten, die nach langer Zeit des Stillstands miterleben durften, dass das von der Universität Regensburg nachgebaute Patrouillenboot nach wie vor fährt – auch wenn das nun schon in die Jahre gekommene Eichenholz vielleicht schon flottere Zeiten erlebt hat. Aber welch ein Kontrast zu der Situation von vor ein paar Wochen! Da musste man noch über rechteckige Plastik-Bildschirme von einer Stimme aus dem Lautsprecher, die die des Lehrers sein sollte, erklärt bekommen, wie die Römer ihr Weltreich regierten. Nicht wenige der Schüler, denen diese digitale Distanz auf die Nerven ging oder zu wenig anschaulich und begreiflich war, schalteten dabei ab. Und nun war man in der Tat vor Ort, konnte das Holz des Ruders spüren, die Wellen schwappen hören, die Mitschüler schwitzen und die Tropfen spritzen sehen! Zwei ganz verschiedene Arten des Lernens, und es erscheint trotz aller Parolen zumindest überlegenswert, ob die vermeintlich moderne Form des Lernens wirklich auch die richtige und die zukünftige ist. Die alten Römer haben es uns vorgemacht, die Rüstung des Legionärs, die ebenfalls wieder demonstriert wurde, ist eine Ansammlung hunderter kleiner Innovationen und Ideen – so schmiedete man zum Beispiel das Ohrstück im 4. Jahrhundert plötzlich mit einer kleinen Wölbung nach außen … das führte dazu, dass der Schwertstreich des germanischen Gegners nicht in der Schulter landete, sondern im Nichts. Natürlich ist Know How nicht gleich Know How, und es steckt extrem viel menschliche Intelligenz in der modernen Digitalität. Aber die menschliche Intelligenz tritt in vielerlei Formen zu Tage, in guten wie in schlechten, damals wie heute, und es lässt sich sagen, dass die früheren Kulturen durchaus nicht die dümmeren waren. Und dass unser Fortschritt doch ein sehr spezieller ist und in der Summe gesehen vielleicht lieber eine andere Bezeichnung verdient als Fortschritt. Dass man mit aus bestimmten Hölzern gemachten Riemen auf einem Schiff, dessen Eichenholz Wasser saugen muss, damit es fährt, durch Kraft und Koordination ebenfalls viel Fahrt und Fortschritt schafft, ist ein gekünstelter Vergleich, aber ein bisschen was ist schon dran: Denn die navis-lusoria-Fahrt erfüllte, gerade nach der harten virtuellen Zeit, die Passagiere schon mit viel Freude am Ursprünglichen und Realen. Auch eine Art der Erkenntnis! „So ein schöner Tag“, hörte man viele Schüler sagen. Diese paar Minuten des zauberhaft stillen Dahingleitens waren für die URL-geprägten BSGler wie ein lang ersehnter Urlaub. Man kann nicht ganz abstreiten, dass uns modernen Menschen mit den Römern und den noch früheren nach wie vor eine gewisse Analogität verbindet, die wir wohl nie ganz wegbekommen werden. Genauso wenig wie die Tatsache, dass Wasserspritzer T-Shirts nass machen und Sonnenstrahlen sie trocknen.