Sonne für die Seele
Vorlesetag mit Bürgermeister Hofmann
Nähme man den „bundesweiten Vorlesetag“ ganz genau und wörtlich, dann müssten die 80 Millionen Bundesbürger sich an diesem Tag 24 Stunden etwas vorlesen … das würde vielleicht manches lahmlegen, und das Bruttosozialprodukt würde wohl abstürzen, aber vielleicht wäre es einmal gerade das Richtige für die Seele in diesen schweren Zeiten …
Wenn es schon kein ganzer Tag sein konnte, so war die Viertelstunde, in denen Bürgermeister Markus Hofmann den fünften Klassen des BSG jeweils eine Geschichte vorlas, zumindest ein kleiner Appetitanreger dafür, wie schön so ein gemeinsames Vorleseerlebnis sein kann. Man sagt ja, das Zuhören, wie Michael Endes Momo es vielleicht noch konnte, nehme immer stärker ab in unserer übervisuellen und schnellgetakteten Epoche, von einem Reiz springt man zu nächsten, für ruhiges Zuhören, das so wichtig ist für echtes Miteinander, bleibt oft wenig Muße, es ist schon eine Zeit der Ungeduld, in der wir leben.
Angesichts des gekonnten Vortrags und des lustigen Märchens jedoch, in dem ein als Schweinehirt verkleideter Prinz einer recht eigensinnigen Prinzessin zuerst zehn, dann 100 Küsse für seine unglaublichen technischen Erfindungen abverlangt, lässt sich durchaus sagen, dass die Kunst des Vorlesens und des Zuhörens beim Vortrag des Herrn Bürgermeister auf wunderbare Weise ineinandergegriffen haben. Mucksmäuschenstill war es im Lesarium, bequem war es auf den Sitzsäcken, und so hat nicht nur der Schweinehirt die Prinzessin geküsst, sondern uns Zuhörer auch die Muse … die vorgelesenen Wörter und Bilder sprangen durch die Magie der Wörter in die Köpfe der Kinder, der Alltag war weit weg, und plötzlich waren die 15 Minuten schon wieder vorbei, so kurzweilig kann es sein, wenn man etwas Schönes vorgelesen bekommt. Vielleicht ist es gerade in diesen doch recht dunklen Zeiten umso wichtiger, manchmal ein kleines inneres Licht anzumachen … mit Beieinandersein, Vorlesen und Erzählen geht das auf alle Fälle, da reichen schon ein paar Minuten – auch wenn ein ganzer bundesweiter Vorlesetag vielleicht doch mal ein schöner Sonnentag wäre für die Seele, die Schüler hätten sicher nichts dagegen.