Odyssee – die BSG-Theatergruppe brillierte in zwei Vorstellungen
Spielt eine Bühne einen „Klassiker“, so plagt den Theaterbesucher die Befürchtung, dass der bekannte Stoff entweder überinterpretiert und bis zur Unkenntnis verfälscht auf „Modern“ getrimmt wird oder ein recht unspektakulärer Abend bevorsteht, weil sich der Regisseur zu sehr an die Vorlage klammert und damit Handlung und Ablauf absolut vorhersehbar sind.
Weit davon entfernt agierte die BSG-Theatergruppe. Man möchte fast behaupten, dass zwischen Befürchtung und Realität mindestens zehn Jahre liegen.
Und diese zehn Jahre vergingen wie im Flug oder besser gesagt, wie auf einem Schnellboot. Mit viel Esprit und Ruderausdauer umschifften die Schauspieler die Gefahr und setzten die „Odyssee“ kreativ, unterhaltsam und kurzweilig in Szene.
Das Publikum wurde mit einem ausgeklügelten und sehr reduzierten Bühnenbild auf die zehnjährige Irrfahrt Odysseus‘ mitgenommen. Ton- und Lichttechnik harmonierten bzw. erzeugten durchdringende Dissonanzen, sodass das Stück unter die Haut kroch. Die intensiv gespielten und erzählten Ausschnitte aus der „Odyssee“ waren von der Theatergruppe eng an die antike Vorlage angelehnt in eine verständliche Sprache umgeschrieben worden. Doch viele Szenen brauchten überhaupt keine textuelle Vermittlung, da die schauspielerische Umsetzung von lebensbedrohlichen Stürmen auf hoher See, von Schiffbruch, dem Aufenthalt im Hades oder den Verlockungen durch die Sirenen so herausragend war, dass man, obwohl wohl jeder das Ende der Geschichte kennt, völlig gefangen im Spiel war.
Als unerwartetes Highlight der Interpretation kann sicherlich die fluide Besetzung der Rollen gesehen werden. Die Schauspieler wechselten, es gab nicht DEN Odysseus. Aber genau das war das i-Tüpfelchen auf der ausgewogenen, hochinteressanten und fesselnden Neuinterpretation des Mythos.
Das BSG fiebert den kommenden Stücken der Theatergruppe um StRin Karin Kellermann entgegen.