Galaktische Gratwanderungen bei der Wanderwoche der 10. Klassen
Die zehnten Klassen des Benedikt-Stattler-Gymnasiums fuhren Ende Juni nach Kastelruth zur Wanderwoche in den Dolomiten.
Zu wirklich tiefschürfenden, hochfliegenden Erkenntnissen kann man bei so einer Bergwanderung kommen … den Morgenstern kurz nach sechs Uhr über den Schlernspitzen vor Augen verstiegen sich zum Beispiel manche Schüler und Lehrer beim beständigen Hinaufsteigen zu astrologisch-philosophischen Betrachtungen. Eine der Schülerinnen kam dabei auf die Idee, dass Bewohner einer fernen Galaxie mit hochauflösenden Fernsichtgeräten genau jetzt, wo wir wandern, beim Blick auf die Erde vielleicht die Dinosaurier sehen könnten oder den Ötzi, dessen Leiche wir in Bozen bestaunen durften, bei seiner Bergtour und Ermordung – das Licht ist ja Jahrtausende unterwegs, bis es von dem extraterrestrischen Teleskop eingefangen wird. Oder man sieht auf dem fernen Planeten das Meer, aus dem sich aufgrund des Kontinentaldrucks vom Süden her eben jenes Bergmassiv langsam erheben würde, das wir gerade bestiegen. Was für Gedanken!
Trotz Schweiß, Blasen, Muskelkater und anderer Wehwehchen gab es also auch immer wieder Raum für Höheres bei unserer Wanderwoche, bei der die Besteigung des berühmten Schlern die Königsetappe war … 64 Schüler, 1300 Höhenmeter, elf Stunden … puh! So ein Gewaltmarsch geht nicht ohne Gespräche, zu denen natürlich auch ein bisschen Bergmannsgarn gehört: Oben auf dem breiten Schlernrücken gibt es beispielsweise seltsame kleine Steinpyramiden, die als Nistgelege der berüchtigten Schlernspitzdohle gedeutet wurden, einer seltenen Vogelart, welche nur hier vorkomme und die dank ihrer enormen Körpergröße und -kraft die Steine für das Gelege mit den Krallen herbeifliege, so dass unter den Haufen dann violettgrüne Großeier von Sonne und Wind ausgebrütet würden. Auch Gebeine von erlegten Beutewanderern dienten schon als Baustein dieser archaischen Vogelhügel, so dass es angezeigt war, das Brutgebiet lieber etwas flotter zu verlassen in Richtung Rosengarten, wo dann die nächste Legende und die nächste großartige Panoramasicht warteten. Dass aus ökologischen Gründen die Vorräte der örtlichen Berghütten mittlerweile natürlich nicht mehr mit Hubschraubern, sondern mithilfe dressierter Schlernspitzdohlen nach oben verfrachtet werden, versteht sich von selbst, manchmal sehe man sie sogar, wie sie sich weit oben in der Nähe des Monds oder Morgensterns mit Säcken und Beuteln elegant zu den Gipfeln hinaufschwingen.
Dabei kann man auch den Bad Kötztinger Wandersleuten eine gewisse Fortbewegungseleganz durchaus nicht absprechen; drei Zweitausender wurden, dem Wetter trotzend, kraftvoll bezwungen, kleine Krisen wurden überwunden, Steine wurden gesammelt (auch ein Schlernspitzdohlengelegebrocken war als Geschenk für die alles überblickende Organisatorin Frau Lauerer dabei), Sprüche wurden geklopft, Bänderzerrungen kuriert und tausendundein wunderbares Bergfoto wurde geschossen; Startups wurden erfunden, Lieder intoniert, die Steirische gespielt, Schneefelder überquert. Auch Wissenschaften wie Geologie und Geschichte wurden gepflegt, ebenso Zahlen und Daten, wobei gesagt werden muss, dass hier die Angaben mitunter auseinandergingen. Die Schlernwanderung belief sich nach Messungen der einen auf 28, nach Forschungen der anderen auf 23 Kilometer, auch die Anzahl der zählbaren Schüler differierte mitunter von Bus zu Bus, was aber durchaus vorkommen kann so hoch oben bei so wenig Sauerstoff. Feststeht auf jeden Fall, dass für die unermesslich fernen Galaxiebetrachter unsere Wandergruppe dereinst ein wunderbares Bild abgeben wird. Dank und Lob an alle, Schüler wie Lehrer, die darauf abgelichtet sind.
(Uli Effenhauser)