Boccaccio in Bad Kötzting
Bürgermeister Markus Hofmann las anlässlich des bundesweiten Vorlesetag den Fünftklässlern des Benedikt-Stattler-Gymnasiums eine Geschichte vor
Fast war es ein wenig wie in Boccaccios berühmter Novellensammlung „Dekamerone“: Draußen wütet eine unheilvolle Krankheit, an einem sicheren Ort kommt man zusammen und erzählt sich Geschichten. Natürlich sind Pest und Corona schwer miteinander zu vergleichen, und natürlich waren es keine zehn Tage und je zehn Geschichten, die im Lesarium des Benedikt-Stattler-Gymnasiums zum Besten gegeben wurden. Aber die Geschichte, die Bürgermeister Markus Hofmann vorlas, hatte doch das Zeug dazu, die Kinder zu erfreuen und gedanklich zu entführen.
Schon zum vierten Mal hatte sich Hofmann bereiterklärt, den Fünftklässlern vorzulesen, und stets war es für die Schüler ein Highlight im Schulalltag gewesen. Doch dieses Mal kam der Veranstaltung eine besondere Bedeutung zu – so viele liebgewonnene Gewohnheiten fallen der Pandemie zum Opfer; so viele Befürchtungen herrschen angesichts dessen, was diese Krise mit sich bringt … Umso wichtiger war es den Beteiligten, auf den Vorlesetag nicht zu verzichten und unter Einhaltung der Hygieneregeln zu zeigen, dass es doch noch etwas anders gibt als Lockdown und Infektionszahlen. Und dass uns etwas verbindet, dem kein Virus etwas anhaben kann: das Wort und die Sprache. Sie kann natürlich auch gegenteilig eingesetzt werden und zu Missverständnissen und Unmut führen. Ihr eigentlicher Zweck ist aber, neben der Verständigung, auch die Schönheit und die Menschlichkeit. Und so war die Freude, vorgelesen zu bekommen – und noch dazu vom Bürgermeister höchstpersönlich -, mit Händen zu greifen im Lesarium. So viele Wörter wurden zu Sätzen, Ideen und einer Geschichte, verursachten gute Laune und das Gefühl von Zusammenhalt. Die zehn Personen, die damals in Florenz zehn Tage in Quarantäne zusammenlebten, haben die Sprache übrigens nicht benutzt, um sich zu beargwöhnen oder anzufeinden. Sie haben sich mit ihren Geschichten aufgeheitert und beschenkt. Wenn wir unsere Worte zu ähnlichen Zwecken benutzen können, werden auch wir uns diese schweren Tage erleichtern und der Krise die Stirn bieten. Bürgermeister Hofmann nahm die Sprache und flüchtete mit den jüngsten BSGler kurzerhand aus dem Alltag.