59 BSGler schrieben sich mit Thomas Mann und Friedrich Schiller durchs Deutsch-Abitur
Selbstmanagement, Eigenständigkeit und Verantwortungsbewusstsein erwartet man von einem jungen Erwachsenen mit Hochschulreife sowieso. Zum Einsatz kommen diese Kompetenzen meist erst richtig, wenn es zum Studieren geht oder die Ausbildung fern von Familie und Freundeskreis begonnen wird. Nicht so bei diesem Abiturjahrgang: Die Schüler beweisen seit über einem Jahr in wechselnden Phasen von Distanz- und Präsenzunterricht, wie flexibel sie sind, wie Lernen nicht nur im Klassenzimmer funktionieren kann und wie man trotz fehlendem Ausgleich in der Freizeit motiviert sowie fokussiert bleibt.
Diese Kompetenzen, die den stresserprobten Q12-Schülern zur Verfügung stehen, halfen insbesondere auch am Mittwoch, als es hieß, knapp sechs Stunden lang die Deutsch-Abiturprüfungsaufgabe zu bewältigen. Punkt 8.00 Uhr öffneten die 59 BSG-Schüler gleichzeitig mit allen 35000 bayerischen Abiturienten die Kladen, in denen die Deutschaufgaben bereitlagen. Ihnen erging es wie jedem andere Prüfungsjahrgang zuvor: Eine von fünf zur Auswahl stehenden Aufgaben mussten mit dem in den letzten acht Jahren am Gymnasium erworbenen Fähigkeiten und Wissen bearbeitet werden.
Die drei klassischen Aufgabenvarianten, die Interpretation eines Gedichts, eines Dramenauszugs oder eines epischen Textes, greifen auch im Jahr 2021 überzeitliche Themen auf, die immer wieder eine literarische Verarbeitung erfahren. In einem Gedicht von Else Lasker-Schüler, das mit einem epischen Text Rainer Brambachs zu vergleichen war, beschäftigten sich die Schüler mit der Darstellung von Trauer. In einem Dramenausschnitt aus Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ wurde die Begegnung zweier Liebenden und deren Liebesbekenntnis in den Mittelpunkt gerückt. Im Rahmen der Untersuchung von Thomas Manns Romanausschnitt „Buddenbrook, Verfall einer Familie“ lag der Fokus auf der Demütigung des Sohnes durch den Vater. Im Anschluss an die Untersuchung eines Textes von Teresa Kolma Beck durften sich die SchülerInnen mit der Frage auseinandersetzen, ob durch sprachsensible Kommunikation eine „Transformation diskriminierender Strukturen“ gelingen könne. Zudem konnten sich die Abiturenten und Abiturientinnen essayistisch bzw. erörternd mit Hilfe von Materialien damit auseinandersetzen, inwiefern Chancen bzw. Risiken in der von Bernhard Pörksen als „Epörungsdemokratie“ bezeichneten Nutzung des Internets als Plattform für den öffentlichen Meinungsaustausch zu sehen seien.
Nach knapp sechs Stunden schlossen die Prüflinge die Kladden, in denen sich nun die vielen Seiten ihres Deutschabiturs befinden. Am kommenden Dienstag treten die BSGler zum Matheabi an, um sich dann am Freitag im dritten, frei wählbaren Fach zu beweisen. Nach den Pfingstferien starten die mündlichen Prüfungen. Jeder Schüler muss zwei Colloquien absolvieren. Erst dann ist die Prüfungsrunde beendet.
Neben den Familien und Freunden der Abiturienten wünscht natürlich die gesamte BSG-Schulgemeinschaft allen Prüflingen viel Erfolg sowie Kraft. Und auch wenn die Abiturienten leider auf so manches, was eigentlich zur Abschlusszeit gehört, verzichten müssen, so unterscheidet sich der Wert ihres Abiturzeugnisses allen Unkenrufen zum Trotz sicherlich nicht von dem der Vorjahre.